Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit

Alle, die nach 1990 geboren wurden haben nie ein anderes Deutschland kennen gelernt, als ein vereintes und demokratisches Deutschland. Doch vor gerade einmal hundert Jahren hatte unser Land einen solchen Regierungszustand noch nie gesehen. Erst im Jahre 1918 war es der Kieler Matrosenaufstand, der den damaligen deutschen Kaiser zum Abdanken drängte. Der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann rief daraufhin die Republik, und somit die erste deutsche Demokratie aus. Dass die Demokratie jedoch nicht unverwundbar ist, wurde spätestens unter der grausamen Diktatur von Adolf Hitler bewiesen.

Daran erinnerte auch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher in seiner Eröffnungsrede vor 400 SchülerInnen im Hamburger Rathaus: „Jede Generation muss die Bedeutung von Demokratie für sich selbst erkennen und für die demokratischen Rechte eintreten, wenn sie in Frage gestellt werden“ appellierte Tschentscher an die jungen Leute. „Demokratie […] muss immer an die Veränderungen der Zeit angepasst, erneuert und weiter entwickelt werden“. Gemeinsam mit Elke Büdenbinder, der First Lady Deutschlands, beantwortete Tschentscher für knapp zwei Stunden die Fragen von SchülerInnen aller Altersstufen.

„Wenn hier jeder mitreden dürfte“

Dass wir – die Jugend – solche Fragerunden im Rathaus nicht nur nutzen, um Unterrichtsstunden entgehen zu können, zeigte gleich die erste Frage: „Wie wollen Sie uns motivieren in der Politik, beziehungsweise in der Demokratie mitzuwirken?“. Während Tschentscher mit einem pragmatischen „Ihr könnt das!“ antwortete, stellte Elke Büdenbinder klar, dass Politik kein Entertainment, sondern Engagement sei. Demokratie fände überall statt, sei es in Schulen, Betrieben, Sportvereinen oder in der Nachbarschaft. Man müsse laut Büdenbinder „ohne Vorurteile und Scheuklappen die Chancen nutzen, die sich bieten“.

Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher (Mitte), Elke Büdenbender, Ehefrau des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, und Moderator Michel Abdollahi diskutieren mit den Schülerinnen und Schülern.

Eine andere Schülerin fragte, wie der Abwärtstrend der Demokratie zu erklären sei. Tschentscher widersprach direkt: „Demokratie ist nicht auf dem absteigenden Ast“, wozu er auf die hohen Beteiligungen an den letzten Wahlen und der Vielzahl an Bürger- und Volksentscheiden verwies. Auf die Frage, wie demokratisch Schule sein kann, antwortete Elke Büdenbinder, dass demokratische Prozesse in der Schule, wie die Mitbestimmung der Unterrichtsthemen, mehr gefördert werden müssen. „Es muss im Lehrplan genug Zeit bleiben, um die Spielregeln der Demokratie zu erklären“ forderte Büdenbinder, denn „Schule ist ein ganz wichtiger Ort der Demokratie“.

Was alle beschäftigt

Besonders ein Thema lag den Fragenden am Herzen: Wie sollte man mit dem vorherrschenden Rechtsdruck in der Politik umgehen? Wie groß ist der Einfluss der AfD auf die Demokratie? Man dürfe sich vom aufkommenden Rechtsruck nicht beeindrucken lassen, denn vor allem die große mediale Aufmerksamkeit beflügele Parteien wie die AfD, meinte Peter Tschentscher. Nicht reinreden in die schlechte Stimmung, gemeinsam seien wir stärker!

Weiterhin stellten die Fragen der Jugendlichen einen thematischen Rundumschlag dar. Wieso wird nichts gegen Atommüll und Braunkohle unternommen? Warum dürfen Polizisten keinen Turban tragen? Kann man Geld gerecht verteilen? Wieso exportiert Deutschland Waffen in Krisengebiete? Wieso steht Deutschland auf der Rangliste der Pressefreiheit nur auf Platz 16? Von einer zehnjährigen Schülerin kam die Frage: „Können auch Frauen in der Politik stark sein?“, worauf Elke Büdenbinder klar antwortete: „Ja! Wir haben die Chance und wir müssen uns trauen“.

“Demokratie ist nie fertig”

Mit dem Fazit, dass man nicht einmal 100 Jahre in die Vergangenheit blicken müsse, um zu erkennen, dass Demokratie richtig ist, schlossen Elke Bündenbinder und Peter Tschentscher den Kreis zu der Novemberrevolution vom Beginn der Veranstaltung. Elke Büdenbinder stellte ein Bitte an die SchülerInnen: „Verteidigt unsere Demokratie. Sie braucht das!“. Hamburgs erster Bürgermeister beendete die Veranstaltung mit den Worten: „Demokratie ist anstrengend, aber sie ist die beste Staatsform, die wir haben!“

Bild mit freundlicher Genehmigung von Senatskanzelei Hamburg
Ole Wahls Verfasst von:

Ein schreibbegeisteter 18 Jähriger, der die FREIHAFEN Redaktion leitet