Für 90 Minuten blind

Mehrfaches Blinzeln, mit dem Langstock auf den Boden klopfen und ein vorsichtiges Berühren der Wand. Ich muss mich konzentrieren, um nicht die Orientierung zu verlieren. Der Dialog im Dunkeln® ist eine Erlebnisausstellung im Dialoghaus Hamburg. In vollkommener Dunkelheit werden Besucherinnen und Besucher durch verschiedene Simulationen alltäglicher Szenarien geführt. Dieses Konzept ermöglicht einen Perspektivenwechsel in das Leben von blinden oder sehbehinderten Mitmenschen.

Bereits das Foyer ist beeindruckend, denn hier kann die Wartezeit mit dem Anschauen einer spannenden Ausstellung verbracht werden. Besonders die Blindenschrift hat es mir angetan, allerdings verwechsle ich auch nach einer halben Stunde noch die Konstellationen der Punkten.

Dann ist es Zeit für die Führung. Vor der Tür zum Ausstellungsraum sucht sich jeder der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Langstock in der richtigen Größe aus – sie sollen mindestens bis zur Brust reichen. Daraufhin betritt meine Gruppe im Gänsemarsch den Ausstellungsraum. Drinnen umgibt mich dann absolute Dunkelheit, aber die ruhige Stimme des Guides erleichtert mir die Eingewöhnung. Der Leiter unserer Tour ist selber blind oder sehbehindert und er führt die Gruppe mit seinen genauen Anweisungen sicher durch den Parcours.

Durch Hören, Tasten und dem Gespräch mit anderen Gästen versuche ich mir die Umgebung vorzustellen. Singende Vögel, rauschendes Wasser und ein weicher Untergrund. In meinem Kopf verbinden sich diese Eindrücke zum Bild eines Waldes. Jeder neue Raum stellt neue Herausforderungen dar, aber mir fällt die Orientierung von Minute zu Minute leichter. Nach circa 20 Minuten habe ich mich an die Situation gewöhnt.

Viel zu schnell ist der Parcours absolviert und meine Gruppe erreicht die Dunkelbar. Dort verkaufen blinde oder sehbehinderte Mitarbeiter an der Bar Getränke und Snacks. Es beeindruckt mich, wie schnell und sicher in der Dunkelheit das Wechselgeld ausgegeben wird. Ich erfahre von unserem Guide, dass die Geldscheine anhand ihrer Länge und die Münzen an ihren Rändern unterschieden werden können. Bei Cola und Chips tauschen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Erfahrungen aus. Auch unser Guide ist dabei und beantwortet Fragen. So erfahre ich, dass er seit seiner Geburt sehbehindert ist. Er kann weniger als 10% von dem sehen, was ich sehe.

Schließlich ist unsere Zeit um und ich trete durch die Tür langsam zurück ins Licht. Hier fällt mir plötzlich die Orientierung schwer und ich habe ein leichtes Schwindelgefühl. Doch das geht schnell vorbei und es bleiben Eindrücke, die mich noch lange begleiten werden.

 

Das Dialoghaus Hamburg befindet sich nahe der U-Bahn Station Messberg am Alter Wahndram 4 in 20457 Hamburg. Der Eintritt zum Dialog im Dunkeln® kostet für Kinder (bis einschließlich 13 Jahren) 16€ und für Erwachsene 21,50€. Ein ermäßigter Eintritt von 17,50€ ist für Kinder ab 14 Jahren, BFD, FSJ, FÖJ, Rentner, erwerbslose Menschen, Studenten und Azubis möglich (mit Nachweispflicht).

 

Die Bilder wurden freundlicherweise vom Dialoghaus Hamburg bereitgestellt.

Bild mit freundlicher Genehmigung von Dialoghaus
Mareike Pfitzner Verfasst von:

Moin! Ich bin Mareike, 20 Jahre alt und in Hamburg geboren. Aufgewachsen bin ich allerdings in einem kleinen Dorf in Niedersachsen - mit Hunden, Katzen, Kaninchen und Pferden. Nach dem Abitur hat es mich dann zurück in die Großstadt verschlagen und hier studiere ich nun Medien- und Kommunikationswissenschaft. Am liebsten bin ich in unserer Hansestadt am Wasser: Was gibt es schöneres, als an der Alster oder Elbe mit einem bisschen Wind um die Nase einfach den Kopf freizubekommen? Wenn es dann aber doch mal regnet (und selbst Gummistiefel und Regenmantel ihren Zweck nicht mehr erfüllen) verbringe ich meine Zeit auch gerne im Trockenen. Wenn der Regen ans Fenster prasselt, kann ein Becher Kaffee mit Freunden oder der Familie so einen Tag richtig gemütlich machen. Manchmal lese ich dann auch ein gutes Buch, aber ich kann mich gerade absolut nicht für ein Lieblingsbuch entscheiden. Das sind übrigens auch die Dinge, ohne die ich nicht leben könnte: Meine Familie und Freunde, Kaffee und Bücher. Beim Freihafen berichte ich am liebsten über Kulturthemen. Egal ob es das Ed Sheeran Konzert auf der Trabrennbahn oder das neueste Theaterstück der University Player ist: Alle diese Veranstaltungen verdienen es, dass über sie gesprochen wird. Hamburg ist einfach so viel mehr als die Mönckebergstraße, die Reeperbahn und die Elbphilharmonie!