Bürgerschaftswahl – Klimawahl?

WELCHE AUSWIRKUNGEN EINE 17-JÄHRIGE SCHWEDIN AUF DIE HAMBURGER BÜRGERSCHAFTSWAHLEN HAT

Heute ist es soweit. Die Bürgerschaftswahlen in Hamburg stehen an. Das letzte Mal, dass dies der Fall war, war vor fünf Jahren. In der Zwischenzeit hat sich vieles geändert; es sind neue Probleme aufgetaucht und alte Themen sind teilweise immer noch relevant. Damals wählten nur 56,5 Prozent der rund 1,3 Mio. Wahlberechtigten – ein Rekordtief. Dabei kann das Ergebnis dieser Wahl ausschlaggebend für uns alle sein; es wird die Politik der kommenden Jahre stark prägen und somit das Leben in Hamburg maßgebend beeinflussen. Bei Themen wie Mobilität, Wohnen, Bildung und Umweltschutz, die jede Person betreffen, lässt sich dieses Jahr auf eine weit höhere Wahlbeteiligung hoffen.  

Besonders die Thematik des Umweltschutzes hat in den vergangenen Jahren immer mehr an Popularität gewonnen. Ein bedeutsamer Grund dafür ist unter anderem die Bewegung „Fridays For Future“. Ins Leben gerufen durch die damals 16-jährige Greta Thunberg, haben diese wöchentlichen Schulstreiks rapide an Unterstützung gewonnen. Am 20. August 2018 schwänzte Greta Thunberg das erste Mal die Schule, um vor dem Reichstagsgebäude in Stockholm für ein besseres Klima zu protestieren. Während dieser Streik von einer einzigen Schülerin initiiert wurde, haben sich mittlerweile bereits Millionen von Menschen den Demonstrationen angeschlossen, und schon lange ist nicht mehr nur noch die Jugend ein Teil dieser Protestaktion. Auch ältere Personen, die unserer Generation eine bessere Zukunft wünschen – wie beispielsweise die Gruppe „Omas gegen Rechts“ – stehen mittlerweile voll und ganz hinter dem Projekt und streiken mit. 

Am Freitag fand in Hamburg wieder eine große Klimademonstration statt. Mit dabei: Greta Thunberg. Diese Demonstration schien also eine besonders große Relevanz zu haben. Warum? Die Antwort ist einfach: viele der Protestierenden sind noch nicht alt genug, um am Sonntag wählen zu gehen. An solch einer großen Demonstration teilzunehmen, gibt jungen Menschen die Möglichkeit, ihren Stimmen Gehör zu verschaffen. Schließlich sind wir Jugendlichen die Zukunft und jede Entscheidung, die in der Politik getroffen wird, kann unsere Leben maßgeblich beeinflussen. 

Wie so oft waren aber auch viele Erwachsene unter den Demonstrierenden. Sie können zwar wählen gehen, aber trotzdem ist es wichtig, dass auch sie mitstreiken. Je mehr Leute mitmachen, desto wahrscheinlicher ist es, dass mehr und mehr Personen ihre Position zur Klimapolitik überdenken und eventuell am Sonntag Parteien wählen, die sich besonders für wichtige Themen wie beispielsweise den Klimaschutz einsetzen wollen.

Der aktuelle Bürgermeister Hamburgs Peter Tschentscher (SPD) ist auch der Meinung, dass mehr für den Klimaschutz getan werden muss. In einer Debatte mit den „Fridays for Future“ Aktivist*innen Annika Rittmann und Jesko Hennig präsentierte er am 09. Februar seine Pläne für ein klimafreundlicheres Hamburg. Dazu gehören beispielsweise das Abschalten der Heizkraftwerke Wedel und Tiefstack oder die Erhöhung von Qualität und Quantität der Hamburger Grünflächen. Außerdem sieht er Hamburg als Vorbild für die anderen Bundesländer. Einen Klimaplan mit 400 Maßnahmen für die nächsten zehn Jahre, mit dem Ziel einer 55%-igen CO2 Reduktion, gebe es so nur in Hamburg. Die „Fridays For Future“ Bewegung aber sieht dies als unzulänglich an, schließlich sei dieser Plan nicht einmal mit den Zielen der Pariser Klimaschutzkonferenz konform. Auf dieser Konferenz im Dezember 2015 hatten sich 195 Länder erstmals auf ein weltweites und rechtsverbindliches Klimaschutzübereinkommen geeinigt, welches einen globalen Aktionsplan umfasst, der die Erderwärmung auf deutlich unter 2° Celsius begrenzen soll. Ein großer Streitpunkt entstand außerdem bei der Frage, ob Hamburg eine Stadtbahn bauen solle. Tschentscher schüttelte den Kopf, als seine Debattengegner*innen den Lösungsvorschlag der Stadtbahn aufgriffen. Sein Plan ist es, stattdessen die U- und S-Bahnen auszubauen, da es oberirdisch nicht genug Platz gebe. Der Frage, ob man nicht die Menge an Autos reduzieren könne, um Platz zu schaffen, weicht er aus. Eine komplett autofreie Innenstadt sehe er als unattraktiv an. Tschentscher geht davon aus, dass Parteien wie Die Grünen, die dies als Ziel haben, nicht weit genug denken. Er als Bürgermeister wolle keine Experimente machen und sich stattdessen auf die Stärkung von Bus und Bahn konzentrieren, beispielsweise durch ein kostenfreies Schüler*innenticket.

Zurück zum Schulstreik. Bereits aus der Ferne hört man die Stimme Greta Thunbergs: “If enough people are pushing for change, then changes will happen. And that´s why we are here today. This will take time and we will have to be patient, but we have to keep on pushing because there is no other option. We will not surrender!” Ihr Appell: Wir dürfen nicht aufgeben, denn gemeinsam können wir Großes bewirken.

Auch die deutsche Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer war am Freitag mit dabei. Sie kritisierte die Ausreden der Politiker*innen in Bezug auf den Klimaschutz: „Wir dürfen uns nicht einreden lassen, dass das, was wir fordern, nicht möglich ist. Wenn wir auf die Straße gehen, ist das, was wir von allen Seiten hören, dass wir irrational sind, dass wir zu ungeduldig sind, dass die Pläne zu teuer sind, dass die Welt nicht bereit ist. Und ich sag euch eins; in der letzten 14 Monaten waren wir überall. Und wisst ihr was? Ich habe keine einzige Person getroffen, die nicht bereit ist für eine gerechtere, bessere Zukunft. An den unwahrscheinlichsten Orten, an den konservativsten Flecken der Erde, an den Orten, wo Menschen sich nie mit der Klimakrise befasst haben: überall dort treffen wir Menschen, die bereit sind – und zwar so richtig! Und wer heute sagt, die Gesellschaft wäre nicht bereit, die Wirtschaft wäre nicht bereit, die Politik wäre nicht bereit, diese Leute sind eigentlich selbst nicht bereit. Das sind die Leute, die sich eigentlich nicht trauen, das sind die Leute, die verzweifelt nach Ausreden suchen. […] Wir wissen, dass es im Zweifelsfall Feigheit ist, denn die Gesellschaft ist so was von bereit und das zeigen wir heute auch!“

Zwar sei es positiv, dass heutzutage mehr und mehr über das Klima gesprochen werde, doch reiche dies bei weitem nicht: „Wir sind niemals auf die Straße gegangen, damit alle über das Klima reden. Wir sind von Tag eins auf die Straße gegangen, damit wir handeln können und das machen wir auch weiterhin!“ Auch sie hat einen ähnlichen Appell wie Greta Thunberg: „Wir dürfen nicht aufgeben!“

Und weil wir nicht aufgeben dürfen, weil jede Person einen Unterschied machen kann, weil es unsere Zukunft ist, die auf dem Spiel steht, ist es so wichtig, dass heute so viele Wahlberechtigte wie möglich wählen gehen. Wählen für eine bessere Politik. Wählen für ein besseres Klima. Wählen für eine bessere Zukunft.

Bild mit freundlicher Genehmigung von Carla Engels
Carla Engels Verfasst von: